Wer sich als älterer Mensch aktiv und öffentlich engagieren will, für den könnte ein ehrenamtliches Engagement als Seniorenvertreter genau das Richtige sein.
Seniorenvertretungen gehören zu den wenigen wachsenden
politisch engagierten Gruppen. Als unabhängige Mitgestalter kommunalpolitischer
Prozesse arbeiten von 369 Kommunen insgesamt in NRW derzeit 167
Seniorenvertretungen (Senioren(bei)räte.
Weitere befinden sich in der Gründungsphase. (*)
Die bundesweit
erste Seniorenvertretung
wurde
1972 in Altena in
Westfalen gegründet und war eher als eine Art Lobby gegenüber den
Kommunalverwaltungen für das Alter 60 plus gedacht sein.
Heute arbeiten
die Seniorenvertretungen als Bindeglied zwischen Politik, Verwaltung und
älteren Menschen auf kommunaler Ebene sowie auf der Landes- und Bundesebene.
Sie ermöglichen und sichern vor diesem Hintergrund die Teilhabe älterer
Menschen. Sie stellen daher eine besonders wichtige Form des bürgerlichen
Engagements dar.
Auf kommunaler Ebene sind
Seniorenvertretungen selbstorganisierte, freiwillige Einrichtungen; ihre
Existenz ist in NRW anders als in Berlin nicht gesetzlich verankert. Daher
entscheidet jede Kommune eigenständig darüber, ob eine Seniorenvertretung
zugelassen wird, und welche Form der Mitwirkung man ihr zugesteht. Denn
einklagbare Mitbestimmungsrechte
(außer Hamburg u. Mecklenburg-Vorpommern) gibt in weiten Teilen des Landes immer noch
nicht. Dazu bräuchte es ein ähnliches Gesetz, wie es der
Berliner Seniorenvertretungen mit dem „ Berliner
Seniorenmitwirkungsgesetz - BerlSenG
“
im Mai 2006 durchsetzen konnten und
seither auch von anderen Seniorenvertretungen eingefordert wird. In der Gemeindeordnung
NRW § 27a
findet man lediglich die "Kann-Bestimmung":
…„Die
Gemeinde kann
zur Wahrnehmung der spezifischen Interessen von Senioren,
von Jugendlichen, von Menschen mit Behinderung oder anderen gesellschaftlichen
Gruppen besondere Vertretungen bilden oder Beauftragte bestellen. Das Nähere kann
durch Satzung ( hier die Satzung
der SV Düsseldorf
) geregelt werden“…
Also
keine Aussagen, die eine verbindliche Etablierung von Seniorenvertretungen
fordern, aber einige Aussagen, die eine solche Form der politischen Partizipation
fördern. 2)
Zudem scheinen manche
Satzungen und Geschäftsordnungen der Seniorenvertretungen u. a. im Rahmen ihrer
konstituierenden Sitzung (zum Beispiel bei den Besetzungen von Ausschüssen oder
die Dauer des neu gewählten Vorstands völlig unzureichend bzw. bleiben ungeachtet.
So wird z. B. in der konstituierenden Sitzung des Düsseldorfer Seniorenrates –
nicht wie in ihrer Geschäftsordnung beschrieben – die/der Vorsitzende und die zwei
stellvertreter/innen für die Dauer der Amtszeit von fünf Jahren gewählt,
sondern lediglich für ein Jahr. Nach diesem „Bewährungsjahr“ entscheiden wiederum
die Mitglieder des Seniorenrates per Neuwahl, ob die Personen weiterhin
Vorsitzende bzw. stellvertretende Vorsitzende bleiben oder nicht. Dann bleiben
sie jedoch hoffentlich für die restlichen vier Jahre im Vorstand. Seit der ersten Sitzung im Mai hat man dieses Prozedere auch auf die Ausschüsse erweitert: Seniorenratsmitglieder, die in Ausschüsse delegiert wurden, sollen also ebenfalls nach einem Jahr wechseln können/müssen. Ob allerdings nach nur einem Jahr eine gute Einarbeitung in den Ausschüssen und effektive Mitwirkung dadurch gewährleistet ist, wird angezweifelt.
Obwohl Seniorenvertretungen nach
unterschiedlichen Regeln gebildet werden, und es in zahlreichen Gemeindeordnungen
der Bundesländer immer noch keine Verankerung von Seniorenvertretungen als
verbindlich einzurichtende Gremien gibt, sind deren Aufgabenstellung jedoch klar
und eindeutig definiert. Allgemein bilden sich
Seniorenräte durch demokratische Verfahren (Wahl und Delegation) und haben das
Ziel, die politische Teilhabe älterer und alter Menschen zu stärken.
Die
kommunalen Seniorenvertretungen sind in den Landesseniorenvertretungen
zusammengeschlossen und diese wiederum bilden die Bundesarbeitsgemeinschaft der
Landesseniorenvertretungen e. V. Daraus wird die Organisationsstruktur von
Seniorenvertretungen deutlich: Von der kommunalen Ebene werden über die
Länderebene bis zur Bundesebene politische Prozesse organisiert, transportiert
und politische Teilhabe angestrebt. Gleichzeitig findet ein Rückfluss statt, d.
h. von der Bundesebene können über die Länderebene politische Prozesse mit
Hilfe von Seniorenvertretungen auf die kommunale Ebene gebracht werden.
Die Ziele
Ziel der Seniorenvertretungen ist die
Interessenvertretung älterer Menschen gegenüber und zusammen mit staatlichen
Institutionen, politischen Parteien, sozialen Netzwerken und der
Öffentlichkeit. Damit bieten sie Chancen und Möglichkeiten zur Verwirklichung
der Teilhabe (Partizipation) älterer Menschen am politischen Geschehen auch
außerhalb der Parteien. Die gesellschaftlichen Bedingungen für ältere Menschen
sollen mitgestaltet werden; ihr Einfluss auf politische Entscheidungen, die
ihre Lebenssituation betreffen, soll gestärkt werden.
Wichtige Funktionen
Die vier wichtigsten Funktionen
der Seniorenvertretungen sind: Bündlungsfunktion
, das heißt SeniorenvertreterInnen (SV) bündeln
Interessen und Forderungen älterer Menschen auf kommunaler Ebene, Mittlerfunktion
,
d. h. SV vermitteln Interessen und Forderungen älterer Menschen, an Politik und
Verwaltung und Öffentlichkeit, Beobachterfunktion
, d. h. SV beobachten
ob und wie sich die Einhaltung der Rechte und Würde älterer Menschen gestaltet, Beraterfunktion
, d. h. SV beraten Politik und Verwaltung aus der
Perspektive der Lebenswelt älterer Menschen. 3)
Es gibt immer noch Einschränkungen
Leider gestalten sich darüberhinausgehende Mitwirkungsmöglichkeiten der
Seniorenvertretungen in NRW - beispielsweise bei der Ausstattung mit
finanziellen Mitteln oder Antragsrecht teilweise noch sehr unterschiedlich. So
hat zwar ein einzelner Seniorenvertreter Rederecht in den Bezirksvertretungen
und Ausschüssen, jedoch kein „eigenständiges“ - z. B. auf seinen Stadtbezirk
bezogenes -
Antragsrecht. (Derartige
Anträge müssen vorher durch den gesamten Seniorenrat „öffentlich“ beschlossen
werden, bevor sie an die zuständigen Gremien eingereicht werden dürfen.) Als
„Sachverständige Seniorenvertreter“ haben sie das Recht an öffentlichen und
nichtöffentlichen Sitzung teilzunehmen; sie müssen jedoch den Sitzungsraum bei allen
Beschlussfassungen in nichtöffentlichen Sitzungen verlassen - was die tatsächlichen
Mitwirkungsmöglichkeiten eingeschränkt. Nach (§ 27 der Gemeindeordnung können
die Seniorenvertreter/innen jedoch folgende Rechte in Anspruch nehmen:
Mitwirkungsrechte, Anhörungsrecht, Vorschlagsrecht, Sitz- und Rederecht in den Sitzungen
der Fachausschüsse des Gemeinderats, und der Bezirksvertretungen (hier jedoch kein
Antragsrecht).
Fünf Jahre für die
Interessen der Senioren
Wer sich für ein "politisches Amt" entscheidet
oder in einer Seniorenvertretung mitarbeiten möchte, sollte wissen, dass
Senioren(bei)ratsarbeit nicht als eine Art "lockere Zeitvertreibung"
oder gar als "Kaffeekränzchen" verstanden werden sollte. Im
Gegenteil: Auch bei allen noch bestehenden Mitwirkungseinschränkungen bedeutet Seniorenarbeit,
dass man seine freie Zeit opfert und Ausdauer haben sollte. Denn die Sitzungen
in den Arbeitskreisen, Ausschüssen, den internen und öffentlichen Sitzungen des
Senioren(bei)rates oder z. B. bei Veranstaltungen, die man selbst durchführt,
können den Seniorenvertreter-/innen so einige Stunden ihrer Zeit kosten. Daher ist
es ratsam, seine privaten Termine (Arztbesuche, Urlaube oder Familienfeiern usw)
entsprechend rechtzeitig zu planen; denn in vielen Fällen wird darüber eher nicht
nachgedacht. Später stellt man fest, dass man sich etwas übernommen hat, und
denkt über einen Rücktritt nach - womit am Ende niemanden gedient ist.
Einen ähnlichen Vorfall gab es bei den
Seniorenratswahlen im April 2019 in Düsseldorf. Dort haben ein Mann und zwei Frauen
für das Amt kandidiert. Der Mann erhielt die meisten Stimmen und nahm auch die
Wahl an, während die zweitgewählte Kandidatin ihre Wahl nicht an nahm und die
dritte Kandidatin, die nun an der Reihe gewesen wäre, ebenfalls zurückzog. Sie
haben zwar relativ früh erkannt, dass sie sich offensichtlich übernommen haben,
jedoch trotzdem zu spät, weil sie ja bereits gewählt wurden.
Wählen oder einfach nur Nachbesetzung?
Mittlerweile haben sich mit diesem Fall bereits der
Wahlleiter, die Rechtsabteilung und die „zuständige“ Bezirksvertretung des
Stadtbezirks befasst, um Regularien für die „Nachbesetzung“ auszuarbeiten, da die Satzung des Seniorenrates mit der Geschäftsordnung der
Bezirksvertretung kollidiert und die Satzung des Seniorenrates zum gleichen
Sachverhalt das Gegenteil ihrer Geschäftsordnung aussagt. Also drei sich
jeweils widersprüchliche Vorgehensweisen zu einem Thema. Bis zur endgültigen
Klärung gibt es in diesem Stadtbezirk lediglich einen Seniorenvertreter; laut
Satzung des Seniorenrates müssten es je Stadtbezirk zwei Seniorenvertreter sein.
Darin besteht zumindest Einigkeit. Zwar hat sich bereits ein Kandidat für
dieses Amt gemeldet. Dennoch wird die Bezirksverwaltung die Nachbesetzung ausschreiben
und eine Person per Abstimmung für dieses Amt verpflichten.
Ob allerdings am Ende die Chemie zwischen dem demokratisch gewählten Seniorenvertreter
und der dann durch die Bezirksvertreter bestimmten „nachbesetzten“ Person
stimmt, und ob es überhaupt eine gute Idee ist, dass beide Seniorenvertreter gleichberechtigte „Chefs im Ring“ sind, wird die Zeit zeigen. 1)
In jedem Fall braucht es dann auf beiden Seiten einen guten Willen zur
Zusammenarbeit und die Achtung vor der Arbeit des jeweils anderen. Denn oft hat
sich die Konstellation zweier gleichberechtigten „Chefs“ in der Vergangenheit
als kontraproduktiv herausgestellt, weil sich ein Konkurrenz-Verhalten entwickelte.
Daher ist es sehr ratsam, sich vorher gut zu überlegen, ob man teamorientiert
arbeiten kann, Zeit hat und den Anforderungen an dieses Amt fünf Jahre lang gerecht
werden kann; so lange dauert die Amtszeit einer Seniorenvertreterin oder
-vertreters. Denn mit einem „Kaffeekränzchen“ hat dieses Amt nun
wirklich nichts gemein.
Um sich erfolgreich für die Senioren eines Stadtbezirks einsetzen zu können, müssen zudem so einige Aufgaben bewältigt werden. So zählen beispielsweise folgende Punkte zur erfolgreichen Arbeit einer Seniorenvertretung:
Seniorenvertreter/innen befassen sich mit zentralen Themen:
Die Seniorenvertreter/innen
nehmen an öffentlichen und internen Sitzungen - und darüber hinaus an
Arbeitskreisen und Ausschusssitzungen - teil, wo seniorenrelevante Themen
besprochen werden und leiten Stellungnahmen, Anträgen, Empfehlungen an die
Gremien weiter, in denen sie Rederecht haben. In internen Arbeitskreisen wie
Pflege, Verkehr und Sicherheit, Wohnen Bildung und Kultur werden wichtige
Schwerpunktthemen aufgearbeitet. Des Weiteren arbeiten sie in fast allen
Ausschüssen beratend mit und berichten in den öffentlichen Sitzungen über ihre Arbeits
Ergebnisse. 4)
Hinweise
(*)
Landesseniorenvertretung NRW
1)
2013 wurde die Satzung des
Seniorenrates dahin geändert, dass das Stimmrecht der jeweils zwei Seniorenvertreter/innen
eines Stadtbezirks nicht - wie bis dahin - nur dem 1. Seniorenvertreter zustand,
sondern auch seinem/e Stellvertreter/in. Der Abzug aus der Beschlussvorlage
lautete etwa: „…die Geschäftsordnung des Seniorenbeirates der Landeshauptstadt
Düsseldorf vom 21.02.2005 dahingehend zu ändern, dass der Seniorenbeirat auf 20
stimmberechtigte Mitglieder ausgeweitet wird. Nicht nur die 10 direkt gewählten
Vertreterinnen und Vertreter aus den 10 Stadtbezirken, sondern auch die 10
Stellvertreterinnen und Stellvertreter aus den 10 Stadtbezirken sollen
stimmberechtigte Mitglieder im Seniorenbeirat werden (...) Aus dieser sicherlich
sinnvollen Änderung der Satzung - die sich ursprünglich lediglich auf die „Stimmberechtigung“
beider Seniorenvertreter/innen für die Gremien beziehen sollte - entstand dann
auch die Situation, dass es nun zwei gleichberechtigte Seniorenvertreter (Chefs)
in jeweils einem Stadtbezirk gibt.
2)
Eine Einbindung der Seniorenvertretungen
in die Hauptsatzungen ( hier Düsseldorf
)
der Kommunen sorgt zum Beispiel für Rechtsklarheit und für mehr
Verbindlichkeit, da die Hauptsatzungen nur mit 2/3 der Ratsmehrheit geändert
werden können. Eine gesetzliche Regelung auf der Grundlage des Gesetzes zur
Stärkung der Mitwirkung der Seniorinnen und Senioren am gesellschaftlichen
Leben… (Berliner Seniorenmitwirkungsgesetz – BerlSenG) fehlt in weiten Teilen
des Landes. Hier wäre es im Hinblick auf die demographische Entwicklung (immer
mehr ältere Menschen) erstrebenswert für mehr Rechtssicherheit und Klarheit zu
sorgen.
3)
Landesseniorenvertretung
NRW
4) Anmerkung
Der Autor war über längere Zeit selbst als delegiertes Mitglied im
Seniorenrat. Er berichtet über die Arbeit des Seniorenrates also aus der
Perspektive eines bereits mit der Arbeit vertrauten und einigermaßen erfahrenen
Seniorenvertreters. Die Mitwirkungsrechte von Nicht-Mandatsträgern (Nicht-Gemeinderats-Mitgliedern)
in den kommunalpolitischen Gremien sind in den
Gemeindeordnungen
der einzelnen Bundesländer (hier NRW) geregelt.
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Seniorenvertretung
- Senioren(bei)rat - Seniorenrat
Seniorenvertretungen sind
Interessenvertretungen der älteren Bevölkerung einer Stadt oder Gemeinde, die
den Senioren die aktive Teilhabe am politischen Gestaltungsprozess ermöglichen.
Die Hauptfunktion einer
Seniorenvertretung besteht in der eines Mittlers zwischen Bevölkerung,
Verwaltung und Politik. Dabei stehen sie im besten Fall der Politik beratend in
Angelegenheiten der Senioren zur Seite und können aktiv gestaltend für die ältere
Generation wirken. Darüber hinaus stellen sie eine wichtige Anlaufstelle für
die Bewohner einer Kommune dar.
Die Einrichtung von
Seniorenvertretungen basiert nicht auf gesetzlichen Vorgaben, sondern sind ein
freiwilliges Angebot der Kommunen. Ausnahmen bilden Berlin und Hamburg, die
Gesetze zur Mitbestimmung von Senioren verabschiedet haben. Aus der fehlenden
gesetzlichen Grundlage resultiert, dass die Begriffe Seniorenvertretung,
Seniorenbeirat und Seniorenrat häufig synonym verwendet werden und ihnen trotz
gleicher Bezeichnung unterschiedliche Konzepte zugrunde liegen können. Auch für
die tatsächliche Ausgestaltung betreffend der Mitarbeit und Besetzung des
Gremiums gibt es keine Standards. Welche Personen für die Seniorenvertretung in
Frage kommen, wie die Berufung bzw. das Einsetzen der Mitglieder erfolgt,
welche Rollen und Rechte dem Gremium in der Kommune zugestanden werden
(Anhörungsrechte, Rederechte, Stimmrechte) obliegt der Kommune.
Da es keine Verpflichtung zur
Einsetzung einer Seniorenvertretung gibt, findet man nicht in allen deutschen
Kommunen eins solches Gremium. Viele Städte und Gemeinden haben allerdings in
den letzten Jahren per Satzung die Einrichtung einer Seniorenvertretung
angeordnet.
Über die kommunale Ebene hinausgehend schließen sich Seniorenvertreter auch auf übergeordneter Ebene in Kreis- und Landesverbänden zusammen, um ihre Interessenvertretung auch auf Ebene der Länderpolitik wahrzunehmen. Darüber hinaus besteht mit der BAG LSV eine Bundesvertretung als Dachverband.